Internet-Betrug: Abzocke mit angeblichen Event-Tickets
1 Mit angeblichen Tickets für ausverkaufte Veranstaltungen locken Betrüger auf Facebook ahnungslose Nutzer in die Falle. Foto: © weerapat1003 –
Schwindler ködern mit Fake-Profilen im Internet. Auch kleinere Veranstaltungen im Visier.
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Region - Ohne Großveranstaltungen sind kleinere Formate die Rettung vieler Musik- und Kulturliebhaber. Umso größer der Frust, wenn sich über das Internet erworbene Tickets als Fälschung erweisen. Wie gehen die Betrüger dabei vor? Wovor müssen Nutzer sich in Acht nehmen? schwarzwaelder-bote.de startete dazu einen Selbstversuch.
Corona hat das Geschäft von Veranstaltern drastisch verändert. Beschränkte Besucherzahlen, Plätze auf Abstand und Veranstaltungen im Freien sind dabei nur ein grober Auszug. Doch auch das Geschäft von Eintrittskarten-Betrügern scheint sich mit der Pandemie verändert zu haben. Fallen Event-Riesen wie Rock am Ring, das Wacken Open-Air Festival und andere Großveranstaltungen dem Virus zum Opfer, rücken kleinere Formate ins Visier der Trickbetrüger. So zum Beispiel das "Rock am Burghaldenwald 2020"-Festival in Vöhringen.
Wo schlagen die Betrüger zu?
"Das scheint jetzt die neue Mode zu sein", sagt Veranstalter Tim Geiser von Nightfire Events. "Bei früheren Veranstaltungen hat es sowas nicht gegeben." Aufmerksam sei er auf die Fake-Profile relativ schnell geworden, so Geiser weiter. Nicht nur, dass die Posts jener Accounts nur so vor Satzbau- und Rechtschreibfehlern strotzten. Auch fielen sie dadurch auf, dass sie erst vor kurzem angelegt worden seien oder kaum über Bilder oder Kontakte verfügten. Viele versuchten, ihre Identität durch die Angabe von falschen Informationen zu verschleiern. Oft aber würden die mutmaßlichen Täter dabei einzelne Details, wie einzelne Bilder oder eine Standortangabe, übersehen und sich dadurch verraten. "Die scheinen nur darauf zu warten, bis irgendwo im Internet eine Veranstaltung als ausverkauft angegeben wird, um dann zuzuschlagen."
Ein Blick in den Kommentarbereich auf der Facebook-Präsenz des Burgenhalden-Festivals bestätigt die Schilderungen des Betreibers. Oft posten die mutmaßlichen Betrüger unter seriöse Ticket-Gesuche oder Angebote. Dort fallen Sie durch die ständige Wiederholung des immer gleich formulierten Angebotes auf. Ein Profil sticht dabei besonders hervor, welches potenzielle Opfer auf englisch zu locken versucht.
Wie gehen die Betrüger vor?
Die Masche der Betrüger fällt in der Durchführung jedes Mal gleich aus, wie diverse Selbstversuche von schwarzwaelder-bote.de gezeigt haben. Schreibt man die Profile der vermeintlichen Anbieter an, kommen diese ohne große Umschweife zur Sache, fragen wie viele Tickets man haben wolle, wie viel man zu zahlen bereit sei und verlangen dann den entsprechenden Betrag via Paypal-Überweisung. Sobald man die Überweisung getätigt habe, würden die Verkäufer dann die Tickets via E-Mail versenden.
Im Zuge der Recherche wurden fünf vermeintliche Ticket-Verkäufer kontaktiert. Die Antworten der verschiedenen Anbieter deckten sich dabei zum Teil wortwörtlich - inklusive Rechtschreibfehler. Für die Überweisung per Paypal ist lediglich eine Email-Adresse nötig. Die Adressen der kontaktierten Profile enthielten dabei Klarnamen, die sich nicht mit ihren Namen auf Facebook deckten.
Der Versuch, den Schwindlern durch das Angebot einer Banküberweisung Daten über ihren Herkunftsort zu entlocken, scheiterte. Auffälligerweise haben alle der untersuchten Anbieter gemeinsam, dass sie "ein Problem mit der IBAN" haben und daher ausschließlich die Überweisung per Paypal akzeptieren. Rückschlüsse über deren Bankinstitute sind so natürlich nicht möglich. Auch waren alle gleichermaßen nicht dazu in der Lage, Anrufe entgegen zu nehmen, da sie sich nach eigenen Angaben bei der Arbeit befänden. Zeit zum Chatten, Handeln und Feilschen schienen sie jedoch zu haben. Eine andere Anbieterin spricht in einem öffentlichen Kommentar von drei Tickets, die sie zu verkaufen habe. Als ein Redakteur sie anschreibt und gleich sieben Karten bestellt, scheint dies keinerlei Problem darzustellen. Sehr wohl hingegen der anschließende Versuch eines Anrufs. Offenbar über das Misstrauen des Redakteurs im Klaren, sendet die Dame unaufgefordert Fotos eines Personalausweises als vermeintliches Beweismittel. Ob es wirklich ihrer ist, und ob er echt ist, bleibt offen.
Der Selbstversuch eines anderen Redakteurs von schwarzwaelder-bote.de nährt die Zweifel an der Seriösität der Ticket-Anbieter. In einem Gespräch auf Facebook bekundet er Interesse bei einem der Anbieter. Den Preis wolle der Redakteur jedoch telefonisch besprechen. Obwohl auch dieser Verkäufer die Kontaktaufnahme abwimmelt, indem er vorgibt, bei der Arbeit zu sein, nimmt er einen spontanen Video-Anruf unseres Redakteurs kurze Zeit später unvermittelt entgegen. Zu sehen ist ein Mann, der mit dem Profilfoto des Verkäufer-Accounts nicht die entfernteste Ähnlichkeit hat. Schnell dreht dieser die Kamera weg und beendet das Gespräch. Als unser Redakteur ihn daraufhin zur Rede stellt, wird er umgehend blockiert.
Wie man sich schützen kann
Grundsätzlich ist das Erwerben von Tickets über die Veranstalter oder bekannte Portale am sichersten. Sollte ein privater Verkäufer das Zusenden eines Ausweis-Bildes verlangen, sollte man darauf in der Regel nicht eingehen. Denn genau so kann es passieren, dass mit dem eigenen Namen ähnlicher Schindluder getrieben wird. In jedem Fall empfiehlt es sich, den Verkäufer vor einer möglichen Transaktion genauestens unter die Lupe zu nehmen. Bei einer Überweisung via Paypal gibt es zudem die Option, zwischen einer privaten und einer geschäftlichen Übeweisung zu unterscheiden. In zweitem Fall greift dann der Käuferschutz, der bei Nichtauslieferung der Ware, einen Geldzurückanspruch ermöglicht. Viele Betrüger bestehen daher darauf, das Geld über eine private Überweisung zu erhalten, um so den Käuferschutz zu umgehen.
Für den Veranstalter des Rock-Festivals, Tim Geiser, heißt es derweil erstmal durchhalten: "Wir weisen auf unserer Facebook-Seite immer wieder darauf hin, dass Trickbetrüger unterwegs sind und bemühen uns auch, entsprechende Kommentare zu löschen. Allerdings sind die Gauner mit dem Verfassen neuer Kommentare so schnell, dass man kaum hinterher kommt."
Ebay-Kleinanzeigen: Diese fiesen Abzock-Tricks sollten Sie kennen
Auf den Seiten für Online-Kleinanzeigen tummeln sich auch Betrüger. Mit fiesen Tricks bringen sie Käufer um ihr Geld. Aber auch Verkäufer sollten wachsam sein. So verhindern Nutzer, dass sie abgezockt werden.
Die Polizei warnt vor einer Betrugsmasche in Zusammenhang mit eBay-Kleinanzeigen und Paypal. Konkret geht es um den Haken „Geld an Freunde und Familie senden“, mit dem die Betrüger arbeiten.
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Früher nutzte man die Pinnwand im örtlichen Supermarkt, heute gibt es Onlinekleinanzeigen. Ob ungenutztes Baumaterial, ein alter Kleiderschrank oder der gebrauchte Fernseher: Fast alles findet dort einen Käufer. Doch längst haben auch Betrüger die Kleinanzeigen für sich entdeckt und bringen mit teilweise perfiden Maschen Käufer und Verkäufer um ihr Geld.
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„Das sind größere kriminelle Vereinigungen, die massenhaft abzocken“, sagt Declan Hiscox von der österreichischen Informationsplattform Watchlist Internet. Vor einer speziellen Betrugsmasche warnt die Polizei: der Trick mit Paypal Family & Friends.
Denn bei dem Bezahldienst gibt es zwei Varianten. „Waren & Dienstleistungen“ ist kostenpflichtig und wird vor allem von Händlern genutzt. Käufer und Verkäufer haben den Schutz von Paypal, dass sie bei Problemen ihr Geld zurückbekommen. Kostenlos ist dagegen der Geldversand bei Family & Friends. Hier genügt eine Mailadresse, an die das Geld geschickt werden soll. Eine Absicherung gibt es nicht.
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Das machen sich Betrüger zunutze. Sie inserieren in den Kleinanzeigen Produkte zu guten Preisen und bitten darum, den Betrag über Paypal Family & Friends zu bezahlen. Wenn der Käufer merkt, dass die Ware bei ihm nicht ankommt, ist das Konto der Betrüger längst aufgelöst.
Onlinekleinanzeigen: Vorsicht bei Vorkasse
Grundsätzlich sollten Käufer immer vorsichtig sein, wenn der Kauf nur oder unbedingt per Vorkasse abgewickelt werden soll oder kann, rät Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Zwar hat man auch bei einem Kauf über Onlinekleinanzeigen gesetzliche Ansprüche, falls die Ware nicht der Beschreibung entspricht oder gar nicht verschickt wurde. Aber oft ist es schwierig, die durchzusetzen.“
Besonders dubios sei es häufig, wenn Zahlungen ins Ausland gehen sollen, weiß Rehberg. „Die Verkäufer lassen sich alle möglichen Ausreden einfallen, warum das so ist und weshalb das Geld vorab gezahlt werden muss. In einem solchen Fall sollten Verbraucher den Kauf aber vorsichtshalber abbrechen.“
Beliebter Trick bei Betrügern: Die Masche mit Paypal Family & Friends Quelle: dpa-tmn
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Auch Declan Hiscox warnt vor solchen Geschäften: „Manche Betrüger bitten darum, den Kaufbetrag vorab mit einem Zahlungstransferdienst zu überweisen, zum Beispiel Western Union oder Moneygram. Der Betrüger erhält das Geld und taucht damit unter.“ Für den Käufer gibt es keine Möglichkeit, den Betrag zurückzubekommen.
Manchmal setzen die Betrüger sogar Speditionsfirmen als vermeintlich unabhängige Treuhänder ein, sagt Hiscox. Das Geld soll auf deren Konto überwiesen werden, dann verschickt die Spedition die Ware. Doch die Firma ist in der Regel erfunden, das Geld landet auch hier wieder bei den Betrügern.
Auch Verkäufer werden bei Onlinekleinanzeigen gelinkt
Ebenfalls vorsichtig sollte sein, wer auf Onlinekleinanzeigenmärkten selbst als Verkäufer auftritt. Besonders schwer zu durchschauen ist der sogenannte Dreieckstrick. Bei dieser Masche stellt man als Verkäufer etwas online, zum Beispiel ein Smartphone. Der Betrüger signalisiert sein Interesse. Gleichzeitig stellt er selbst das identische Smartphone ebenfalls zum Verkauf ein.
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Meldet sich beim Betrüger ein Käufer, gibt er diesem die Kontodaten des ursprünglichen Verkäufers. Sobald das Geld beim Verkäufer eingegangen ist, verschickt dieser die Ware – allerdings an den Betrüger. Auch hier wird gerne Paypal als Zahlungsmittel genutzt.
Denn dann bleibt der Verkäufer auf dem Schaden sitzen, wenn der Käuferschutz greift. Hat der Käufer per Überweisung bezahlt, dann bekommt er sein Geld dagegen nicht zurück, sofern der Verkäufer den Versand nachweisen kann.
Hiscox kennt auch Fälle, in denen Betrüger gefälschte Zahlungsbestätigungen verschickt haben, um so den Verkäufer dazu zu bringen, die Ware zu verschicken. „Verkäufer sollten immer erst prüfen, ob das Geld wirklich auf ihrem Konto eingegangen ist, bevor sie etwas versenden. Und von Drohungen bloß nicht einschüchtern lassen!“
Persönlicher Verkauf immer noch am besten
„Am sichersten ist es, ein Geschäft über Onlinekleinanzeigen immer persönlich und in bar abzuwickeln“, rät Verbraucherschützerin Rehberg. So könne man die ganzen Betrugsmaschen umgehen. Gerade wertvollere Ware sollten Käufer unbedingt persönlich abholen, am besten noch zusammen mit einem Zeugen.
Wer etwas verkauft, sollte die Ware immer nur an den tatsächlichen Käufer übergeben. Denn beim Abholtrick schickt der Käufer einen Vertreter und reklamiert später, die Ware nicht erhalten zu haben. Hat er über Paypal bezahlt, kann er das Geld dann zurückfordern. Von einem Vertreter sollte sich der Verkäufer den Ausweis zeigen und den Erhalt der Ware quittieren lassen.
Hiscox empfiehlt, für alle Geschäftskontakte die Nachrichtensysteme der Plattformen zu nutzen: „Die Plattformen haben nämlich Filter eingerichtet, mit denen sie manche betrügerische Nachricht erkennen.“ Dagegen nutzten Betrüger gerne WhatsApp oder E-Mail. Wer also auf einen anderen Kommunikationskanal als den der Plattform besteht, hat vielleicht nicht die besten Absichten.
Vorsicht vor betrügerischer Abzocke!
August 2022
Neue Betrugsmasche im Namen der Bundesfinanzverwaltung
Aktuell erhalten Bürgerinnen und Bürger automatisierte Anrufe zum Beispiel im Namen der Bundesfinanzverwaltung. Die Bandansage nennt eine fingierte Steuerfallnummer und fordert dazu auf eine Nummer zu drücken, um weitere Informationen zu erhalten oder um weitere Konsequenzen zu vermeiden.
Diese Anrufe stammen nicht von der Bundesfinanzverwaltung und auch nicht von der hessischen Finanzverwaltung!
Die Finanzverwaltung kontaktiert Bürgerinnen und Bürger in keinem Fall mit einem automatisierten Anruf (Bandansage).