Aktuelle Zahlen zur Cyberkriminalität von Jugendlichen
Internet und soziale Medien sind aus dem Alltag junger Menschen nicht mehr wegzudenken. Der häufige Umgang damit erhöht die Wahrscheinlichkeit, Opfer und selbst Täterin oder Täter von Cyberkriminalität zu werden. Die Publikation „Zahlen ‒ Daten ‒ Fakten. Jugenddelinquenz im Kontext von Digitalisierung“ der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention am Deutschen Jugendinstitut (DJI) fasst neue Erkenntnisse über das Ausmaß von Cyberkriminalität unter Jugendlichen in Deutschland zusammen.
Cyberkriminalität ist ein zentrales gesellschaftliches Problem
„Die Datenlage und die Aussagekraft der Daten sind teilweise begrenzt“, erklärt Dr. Steffen Zdun, Referent der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention und Autor der Publikation. Zum einen werde Cyberkriminalität in unserer Gesellschaft tabuisiert, sodass Täter und Opfer, selbst in anonymisierten Umfragen, selten Auskunft dazu geben. Zum anderen beeinflussen etwa Gesetzesänderungen, die Strafverfolgungspraxis der Polizei oder Verhaltensveränderungen der Internetnutzerinnen und -nutzer, wie gestiegene Online-Zeiten während der Corona-Pandemie, die Daten. Der DJI-Wissenschaftler betont: „Was wir jedoch sehen: Cyberkriminalität ist ein zentrales gesellschaftliches Problem“.
Zu unterscheiden ist Cybercrime im engeren Sinne, als definierte, polizeistatistisch erfasste Kriminalität, und im weiteren Sinne, zum Beispiel Cybermobbing und -stalking. Cybermobbing stellt keinen Straftatbestand in Deutschland dar und kann nur in Form bestimmter Delikte, etwa Beleidigung oder übler Nachrede, strafrechtlich geahndet werden.
„In Bezug auf die Prävention von Cybermobbing sind wir der Ansicht, dass es nicht nur notwendig ist, die bestehenden Angebote stärker auf deren Wirksamkeit hin zu überprüfen, sondern auch, das Angebotsspektrum zu erweitern und dieses passgenauer auf verschiedene Settings und Zielgruppen zuzuschneiden“, betont Zdun.
Hell- und Dunkelfelddaten verwendet
Neben Hellfelddaten, das heißt dem offiziell registrierten Kriminalitätsgeschehen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Jahres 2020, der Statistik zur Strafverfolgung sowie des Lagebilds Cybercrime des Bundeskriminalamtes, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DJI Dunkelfeldbefragungen aufbereitet. Diese enthalten auch nicht bekannt gewordene Straftaten. Hierfür nutzten die Forscherinnen und Forscher unter anderem den DJI-Survey „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz AID:A, die Bürgerbefragung zur Cyber-Sicherheit „Digitalbarometer“ des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes sowie die aktuelle Untersuchung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) „Cybercrime gegen Privatnutzer*innen“.
Vermögens- und Fälschungsdelikte in Polizeilicher Kriminalstatistik am häufigsten
Die PKS weist für das Jahr 2020 etwa 125.000 tatverdächtige Personen im Bereich Cyberkriminalität aus, davon knapp 4.000 Kinder unter 14 Jahren, fast 12.000 14- bis unter 18-jährige Jugendliche und rund 11.000 18- bis unter 21-jährige. Das macht einen Anteil von über 21 Prozent an den Tatverdächtigen.
Konkret stellen 18- und 21-Jährige mit zirka 6.100 Delikten die größte Gruppe bei Vermögens- und Fälschungsdelikten dar. Bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist die Anzahl verdächtiger Jugendlicher (14-18 Jahre) mit knapp 5.300 am größten. Verdachtsfälle gegen Kinder unter 14 Jahre ergaben sich am häufigsten bei der Verbreitung pornografischer Inhalte (knapp 2.400) und der Herstellung von Kinderpornografie (etwa 2.100).
„Diese relativ hohen Werte lassen sich vermutlich durch Gesetzesänderungen zum Schutz junger Menschen erklären“, meint Steffen Zdun. „Diese könnten zu einer größeren Sensibilität und in der Konsequenz zu mehr Anzeigen geführt haben.“ Zudem hat die Kontrollintensität in diesen Bereichen in jüngster Vergangenheit deutlich zugenommen.
Dunkelfeldstudien zeigen großes Ausmaß an Cybermobbing
Im Gegensatz zur PKS liefern Dunkelfeldstudien vor allem Erkenntnisse zum Cybermobbing. Die Schwierigkeit dabei ist die geringe Vergleichbarkeit verschiedener Studien, da zum Teil unterschiedliche Definitionen, Fragestellungen, Altersgruppen und Prävalenzen berücksichtigt werden. Der DJI-Survey AID:A zeigt, dass rund 11 Prozent der 12- bis 13-Jährigen und 13 Prozent der Jugendlichen bereits Cybermobbing in Form von Bloßstellung oder Beleidigung erlebt haben.
In absoluten Zahlen kommt Wissenschaftler Dirk Nolden im Jugend Medien Schutz-Report 2020 zum Ergebnis, dass aktuell fast zwei Millionen junger Menschen in Deutschland von Cybermobbing betroffen sind. Laut einer repräsentativen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag von Telefonica gaben 1,5 Millionen Jugendliche an, wöchentlich Zeugin oder Zeuge von Cybermobbing zu sein. Etwa ein Viertel der Befragten wurde mindestens einmal im Leben Opfer von Cybermobbing.
Weitere Studien, die in der DJI-Publikation berücksichtigt werden, sind unter anderem die KIM- sowie JIM-Studie 2020 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest, die „Health Behaviour in School-Aged Children (HBSC)“-Studie und eine Studie der Vodafone-Stiftung des Jahres 2021 zu Cybermobbing speziell mittels der Verwendung von Messengerdiensten.
Publikation „Zahlen – Daten – Fakten: Jugenddelinquenz im Kontext von Digitalisierung“Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention
Kontakt
Dr. Steffen Zdun
Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention
Tel.: 089/62306-398
zdun@dji.de
Martin Kern
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-397
mkern@dji.de
Surfshark ermittelt Cyberkriminalität-Opfer: Deutschland an vorletzter Stelle
Das Cybersecurity-Unternehmen Surfshark ermittelte in einer Studie 10 Länder, die die höchste Cyberkriminalität aufweisen. Demnach liegt Deutschland mit 20 Opfern pro 1 Mio. Internetnutzer auf Platz 9. Gleichwohl registrierte man im Vereinigten Königreich, das die Liste anführt, mit unglaublichen 4.783 Cybercrime-Vorfällen pro 1 Mio. Internetnutzer fast 266-mal mehr als in Deutschland.
Das Ergebnis der Studie zeigt auch, dass Deutschland im Vergleich zum Jahr 2020 einen Rückgang der Cyberkriminalität um 9 % verzeichnete – und in diesem Zusammenhang Platz 10 auf der Liste belegt.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass USA, Australien, Griechenland und Deutschland die einzigen Länder waren, die einen Rückgang bei der Cyberkriminalität verzeichneten. Trotzdem stehen alle Länder außer Deutschland weit oben auf der Liste (unter den Top 5). In den Niederlanden (Platz 7) und dem Vereinigten Königreich (Platz 1) konnte man währenddessen einen steilen Anstieg der Cybercrime-Dichte von 50 % bzw. 40 % beobachten.
Mexiko bildet das Schlusslicht auf der Liste. Dort verzeichnete man 18 Cybercrime-Opfer pro 1 Mio. Internetnutzer – lediglich zwei weniger als in Deutschland. Allerdings stieg die Dichte der Cyberkriminalität im Jahresvergleich um 14 %.
Surfshark: Die häufigsten Aktivitäten der Cyberkriminalität
Der Studie zufolge ist Phishing das zweite Jahr in Folge die am häufigsten anzutreffende Angriffstechnik. Im Jahr 2020 zählte man insgesamt 241.343 Phishing-Opfer. Phishing-Opfer verloren jedoch durchschnittlich am wenigsten Geld (136 USD pro Opfer), während Personen, die einem Anlagebetrug zum Opfer fielen, das meiste verloren (durchschnittlich 70.811 USD pro Opfer).
Ebenso zog Anlagebetrug für die Opfer insgesamt die gravierendsten finanziellen Folgen nach sich. In Summe verloren Personen im Jahr 2021 dadurch ungefähr 15 Mio. US-Dollar. Die Cybercrime-Aktivität, die im vergangenen Jahr am wenigsten Schaden anrichtete, waren Denial-of-Service-Angriffe (DoS-Angriffe). Nur circa 1.000 Personen gaben an, durch diese Form der Online-Kriminalität durchschnittlich 197 USD verloren zu haben.
Insgesamt sind 2021 mindestens 6.502.323 Personen Cybercrime-Angriffen zum Opfer gefallen. Die finanziellen Verluste beliefen sich in Summe auf über 26 Mrd. USD.
Online-Tool zur Ermittlung des Risikowerts
Angesichts dieser Problematik der IT-Sicherheit hat Surfshark ein Data-Vulnerability-Thermometer entwickelt, das Open-Source-Informationen des FBI und Forschungsalgorithmen kombiniert.
Das Online-Tool zeigt Nutzern ihren persönlichen Risikowert, mögliche spezifische Cybercrime-Techniken und Präventionsstrategien, die sie in Abhängigkeit von den ausgewählten Datenpunkten anwenden können.
Das Data-Vulnerability-Thermometer enthält außerdem Beschreibungen, Typologie, Tipps und Statistiken zu 20 verschiedenen Straftaten der Internetkriminalität, die sich gegen einzelne Nutzer richten. Diese Enzyklopädie umfasst ebenso umfangreiche Statistiken über Trends und Muster im Bereich der Internetkriminalität.
Tipp: Internetnutzer können hier Statistiken über die weltweite Dichte der Internetkriminalität, ihre finanziellen Auswirkungen, das jährliche Wachstum der Kosten für Internetkriminalität, die Anzahl der Opfer nach Alter und vieles mehr einsehen. (eve)
Statistik zu Kriminalität im Internet: BKA registriert mehr „Cybercrime“
Statistik zu Kriminalität im Internet : BKA registriert mehr „Cybercrime“
Die Zahl krimineller Hackerangriffe stieg 2020 in Deutschland um etwa acht Prozent. Die Täter:innen agierten laut Behörden zunehmend professionell.
BERLIN dpa/afp | Die Bedrohung durch Cyberkriminelle ist in Deutschland nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) weiter gestiegen. Dem am Montag vom BKA in Wiesbaden veröffentlichten jährlichen sogenannten Bundeslagebild Cybercrime zufolge stieg die Zahl der von der Polizei registrierten Taten im vergangenen Jahr um 7,9 Prozent auf 108.000. Laut BKA nahm die Bedrohung auch qualitativ zu, weil die Digitalisierung voranschreitet und Täter:innen aus der globalen Cybercrimeindustrie immer professioneller werden.
Unter Cybercrime im engeren Sinne versteht das BKA „Straftaten, die sich gegen das Internet, informationstechnische Systeme oder deren Daten richten“. Dazu zählen beispielsweise Attacken, die zu einer bewusst herbeigeführten Überlastung des Netzes einer Institution oder eines Unternehmens führen.
Die größte Bedrohung für deutsche Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sind nach Einschätzung der Polizei sogenannte Ransomware-Angriffe, bei denen mit einer Schadsoftware Datenbestände verschlüsselt werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte vergangene Woche in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur festgestellt, dass es bei der Cybersicherheit im Vergleich zu anderen Bereichen noch viel zu tun gebe.
Seit dem dritten Quartal 2020 wurden laut BKA zufolge vermehrte Angriffe auf Unternehmen und öffentliche Einrichtungen registriert, die bei der Bekämpfung der Coronapandemie relevant sind. Betroffen waren demnach unter anderem Impf-Portale sowie die gesamte Impfstoff-Lieferkette. Die Polizei stellte fest, dass einige Betreiber von Darknet-Plattformen versuchten, den Verkauf von Fake-Impfstoffen zu unterbinden, dies sei wohl auch „dem kontinuierlichen Strafverfolgungsdruck der letzten Jahre geschuldet“, heißt es im aktuellen Bundeslagebild Cybercrime.
Das BKA sieht vor allem drei Gründe für den Anstieg im Bereich der Cyberkriminalität: mehr Gelegenheiten, Taten zu begehen, durch die stark voranschreitende Digitalisierung, eine Professionalisierung der Täter:innen und ein wachsendes Angebot für technisch weniger versierte Kriminelle, sich Schadsoftware und andere Cybercrime-Tools quasi als Dienstleistung zu beschaffen.
Laut Polizeistatistik wurde von den in 2020 bundesweit erfassten 108.474 Cybercrime-Fällen etwas weniger als jeder dritte aufgeklärt. Die Aufklärungsquote blieb damit etwa auf dem Niveau des Vorjahres.