Wichtiger Sieg für Verbraucherrechte: Kunden können Online-Verträge auch mit einem klassischen Brief oder per Einschreiben kündigen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) weist auf ein wichtiges Urteil des Landgerichts Hamburg hin: Demnach dürfen Kunden auch bei Online-Verträgen per Brief kündigen. Das Landgericht Hamburg hat damit einer Klage des vzbv gegen den Energieversorger Lichtblick SE stattgegeben.
Unternehmen dürfen ihren Kunden also nicht vorschreiben, dass sie bei Online-Verträgen ausschließlich auf elektronischem Weg kommunizieren dürfen. Es sei unzulässig, eine Kündigung oder einen Widerruf des Vertrags per Brief auszuschließen. Auch eine Entgeltklausel für die Nutzung des Postweges sei demnach unwirksam, wie die Verbraucherschützer ergänzen.
Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv: "Kein Kunde sollte diskriminiert werden, weil er am bewährten Brief bei einer Kündigung festhält. Das Urteil des Landgerichts Hamburg ist deswegen gut und wichtig. Es ist schön, wenn Verbraucher mit Firmen per mail oder Chat kommunizieren können. Gerade bei einer Kündigung sollten Verbraucher aber die Wahlfreiheit haben, wie sie das dem Unternehmen mitteilen wollen."
Konkreter Anlass für die Entscheidung des Landgerichts Hamburg war folgender Fall: Kunden konnten Gaslieferverträge bei der Firma Lichtblick auch telefonisch unter Angabe einer E-Mail-Adresse abschließen. Die Bestätigung erhielten Kunden nach Verifizierung ihrer E-Mail im Kundenportal. Doch die Vertragsbedingungen enthielten eine wichtige und die Kommunikation deutlich einschränkende Klausel: „Diese Lieferverträge sind reine Online-Verträge, d.h. die Kommunikation erfolgt ausschließlich auf elektronischen Kommunikationswegen", wie die Verbraucherschützer erläutern.
Der vzbv hatte diese Einschränkung als unzulässig kritisiert. Denn damit könnten Kunden beispielsweise nicht per Einschreiben mit Rückschein kündigen, um den Zugang sicher nachweisen zu können. Lesen Sie hierzu auch: Einwurfeinschreiben sind nicht immer rechtssicher.
Die Hamburger Richter gaben der Unterlassungsklage des vzbv statt. Kunden dürfen nach der gesetzlichen Regelung auch mit einem einfachen Brief oder mit einem Einschreiben kündigen und andere Erklärungen abgeben. Die Klausel aus dem Lichtblick-Vertrag lasse einen durchschnittlichen Vertragspartner völlig darüber im Unklaren, wie und in welcher Form er eine wirksame Kündigungserklärung abgeben könne, so die Richter.
Das Gericht erklärte zudem auch eine Klausel für unwirksam, nach der Lichtblick seinen Kunden Kosten für Briefe „verursachergerecht“ in Rechnung stellen können, wenn sie sich noch nicht auf dem Kundenportal registriert haben oder dem Unternehmen eine elektronische Kommunikation aus „vom Kunden zu vertretenden Gründen“ nicht möglich sei. Die Kosten für die Briefpost seien in keiner Weise präzisiert, zitieren die Verbraucherschützer die Richter. Es sei schon nicht erkennbar, ob neben dem Porto weitere Kosten für Material oder Bearbeitungsgebühren in Rechnung gestellt werden sollen. Die Kosten könnten dadurch unangemessen hoch ausfallen.
Das Urteil des LG Hamburg vom 29.04.2021, Az. 312 O 94/20 ist aber noch nicht rechtskräftig. Sie können das Urteil hier einsehen.