Am 25. Mai endet die Schonfrist für die Datenschutzgrundverordnung. Das Gesetz ist umstritten, es wurde stark gelobt und kritisiert. Für Verbraucher und Konzerne ändert sich einiges. Eine Übersicht.
Haben Sie in letzter Zeit vermehrt E-Mails von Newsletter-Anbietern bekommen? Die Verfasser fragen, ob Sie noch Teil des Mail-Verteilers sein wollen. Manche Nutzer bekommen derart viele solcher Nachrichten, dass es sie schon nervt. Andere sind überrascht, welche Verteiler ihre Daten noch gespeichert hatten.
Grund für das Ganze ist die Datenschutzgrundverordnung, kurz: DSGVO. Die Regelung der Europäischen Union trat am 24. Mai 2016 in Kraft und gilt nach einer Schonfrist von zwei Jahren ab dem 25. Mai 2018. Sie soll den Umgang mit personenbezogenen Daten neu regeln. Wer dagegen verstößt, muss theoretisch hohe Strafen befürchten. Bei Konzernen sind es beispielsweise bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes.
Themenschwerpunkt zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO): Auf t-online.de finden Sie viele weitere praktische Ratgeber rund um die europäische Datenschutzverordnung. Wir haben zum Beispiel eine Checkliste für Vereine vorbereitet. Unter diesem Link finden Sie außerdem Tipps für Verbraucher : So nehmen Sie Ihre neuen Rechte wahr. WhatsApp-Nutzer aufgepasst: Auf dem Diensthandy verstößt WhatsApp gegen den Datenschutz – allerdings nicht erst seit Mai. Dafür wurde das Mindestalter für WhatsApp im Zuge der DSGVO auf 16 angehoben . Viele Anbieter verschicken jetzt ihre neuen Datenschutzrichtlinien. Aber es ist Vorsicht geboten, denn oft steckt Phishing dahinter. Wie Sie sich vor DSGVO-Betrug schützen , lesen Sie hier . Die wichtigsten Fakten zum neuen Gesetz erfahren Sie hier . Was ist dran an den Gerüchten, dass Fotografieren bald verboten sein soll? Alles zu den größten DSGVO-Mythen finden Sie hier.
Argumente für die DSGVO
Vor allem Verbraucher sollten sich über die Verordnung freuen: Ihre Rechte werden nämlich gestärkt. Unter anderem können Verbraucher von Unternehmen eine Auskunft darüber einfordern, welche Daten über sie gesammelt wurden. Auch können sie ihre Einwilligung zur Datenverarbeitung widerrufen oder bestimmte Daten löschen lassen.
Beispielsweise hat Apple für Kunden eine Webseite eingerichtet , auf der Nutzer ihre Daten abrufen können. Bei WhatsApp können Nutzer unter "Einstellungen -> Account -> Account-Info anfordern" einen Bericht über ihre Nutzerdaten anfordern. Eine Übersicht mit allen Änderungen für Verbraucher finden Sie hier .
Lob von Politikern und Konzern
Die meisten deutschen Politiker loben die DSGVO. So sagt Jan Philipp Albrecht, Grünen-Abgeordneter im Europaparlament auf Twitter, dass "Europa den globalen Standard beim Datenschutz" setze. Albrecht ist Mit-Initiator der DSGVO.
Auch Birgit Sippel, innenpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im EU-Parlament, lobt die Verordnung: "Die neuen Datenschutzstandards sind eine große Errungenschaft für die EU." Sippel erhofft sich vor allem ein Instrument, um den "großen Datenkapitalisten” wirksam begegnen zu können.
Auch Microsoft reagiert positiv
Andrea Voßhoff, Bundesbeauftragte für Datenschutz, betont, die DSGVO als große Chance und als Wettbewerbsvorteil zu begreifen. “Wir haben in Deutschland eine Kernkompetenz im Datenschutz”, sagte sie dem Rundfunk Berlin-Brandenburg. “Warum lassen sich daraus nicht auch Geschäftsmodelle entwickeln?”
Selbst Konzerne wie Microsoft zeigen sich positiv gegenüber der DSGVO. Sie sei ein entscheidender Fortschritt für die Datenschutzrechte in Europa und in der ganzen Welt, schrieb Microsoft-Managerin Julie Brill. "Datenschutz ist ein fundamentales Menschenrecht."
Die DSGVO setze "einen hohen Standard für Privatsphäre und Datenschutz, indem es Menschen die Möglichkeit gibt, ihre persönlichen Daten zu kontrollieren." Am Donnerstag kündigte Microsoft an, das Regelwerk in seinem weltweiten Geschäft befolgen zu wollen.
Kritik an der DSGVO
An der DSGVO regt sich jedoch auch Kritik. Teile der deutschen Wirtschaft verweisen auf den Umstand, dass es in vielen Detailfragen des Alltags aktuell noch an Rechtssicherheit fehlt – vor allem für viele kleinere Unternehmen und Selbstständige. Auch sei die Frist von zwei Jahren für die Vorbereitung zu kurz gewesen.
Thomas Spaeing, Vorstand des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten forderte, die Aufsichtsbehörden müssten "mit Augenmaß" die Unternehmen begleiten. Der Chef der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU, Carsten Linnemann, verlangte, dass die Bundesregierung Schritte gegen eine befürchtete Abmahnwelle unternimmt. "Die Regierung muss jetzt schnell dafür sorgen, dass mit Abmahnungen kein Unwesen getrieben wird und dass die Betroffenen sicher wissen, dass versehentliche Versäumnisse nicht zu Bußgeldern führen", sagte der CDU-Politiker dem "Spiegel".
"Wir können die berechtigten Sorgen der Mittelständler und ehrenamtlich tätigen Bürger nicht einfach aussitzen", sagte Linnemann weiter. "Wir müssen sie vor dem Missbrauch des Abmahnrechts schützen".
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnt, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen könnten Probleme bekommen, weil die neuen Regeln zu unpräzise seien.
Datenschutzverordnung weltweit
Nicht nur große und kleine Firmen, auch Vereine sind von der DSGVO betroffen. Wer eine Webseite betreibt oder Daten über seine Mitglieder speichert, muss einiges beachten. Allerdings geben sich Datenschützbehörden hier kulant. Sie erwarten nicht, dass jeder Verein zum 25. Mai perfekt vorbereitet ist und bieten ihre Hilfe an. Wer noch Informationen sucht, findet eine Checkliste mit Informationen hier .
Die Regelung hat aber nicht nur Auswirkungen auf den europäischen Raum. Auch ausländische Konzerne müssen sich umstellen. Dabei zeigen sich auch Nachteile für europäische Kunden: Einige Unternehmen lehnen es ab, sich der EU-Verordnung zu unterwerfen. Sie kündigten an, europäische Kunden ab dem 25. Mai abzuweisen.
So zum Beispiel die Online-Gaming-Plattform "Ragnarok": Sie gab diese Entscheidung kürzlich auf ihrer Facebook-Seite bekannt und erntete verärgerte Reaktionen europäischer Gamer.
Manche Unternehmen machen sich die DSGVO auch zunutze: Sie bieten Tools an, mit denen man europäische Nutzer von ihren Webseiten automatisch aussperren kann. Eine radikale Lösung.
Mehr Informationen zur DSGVO und ihre Auswirkungen weltweit finden Sie hier.
Mythen um die DSGVO
Um die DSGVO ranken sich einige Mythen. So befürchteten Nutzer, dass sie keine Urlaubsfotos mehr machen können, wenn noch Unbekannte mit drauf sind. Das stimmt nicht. Wer Fotos zu privaten Zwecken schießt und hochlädt, hat nichts zu befürchten. Mehr Infos zu diesem Mythos und weiteren finden Sie in dieser Zusammenfassung.
Betrüger nutzen die Verordnung, um an die Daten leichgläubiger Verbraucher zu kommen. Achten Sie besonders auf betrügerische Mails, die in Namen von Banken oder Firmen versendet werden, beispielsweise dem Bezahldienst PayPal oder Online-Händlern wie Amazon. Solche Unternehmen werden generell nicht nach persönlichen Daten per E-Mail fragen. Weitere Tipps und was Sie tun können, wenn Sie Opfer eines Betrugs geworden sind, finden Sie in unserem Ratgeber.
Spott im Netz
Die DSGVO hat aber auch seine witzigen Seiten: Unter dem Hashtag #gdprjokes spotten Nutzer auf Twitter über die neue Verordnung. Im Netz finden sich noch andere, witzige Posts. Eine Auswahl:
Eine berechtigte Frage?
Wie Firmen gerade reagieren, die zwei Jahre Zeit hatten, die Verordnung umzusetzen
Für alle die wissen wollen, was die Newsletter-Mails wirklich bedeuten
Manche nehmen das Ganze auch gelassen hin
Nein, der DSGVO kann man nicht wiedersprechen – vor allem nicht mit einem Bilder-Post auf Facebook. Das berichtet die Webseite "mimikama.at", eine private Initiative, die über Internetmissbrauch aufklärt. Auf Facebook haben tausende so ein Bild geteilt:
Widerspruch gegen die DSGVO: So funktioniert es nicht. (Quelle: Facebook)
Und welches Gesetz hat es schon auf einen Kissenbezug geschafft? Die DSGVO (auf Englisch "GDPR") zumindest schon mal.
DSGVO als Kissenbezug: Leider nicht nach Deutschland lieferbar. (Quelle: Amazon)