Deutschland hat wieder einen aktiven Bundestrojaner . Wie das Wochenblatt Die Zeit berichtet, hat die Bundesregierung eine umstrittene Spionage-Software erworben. Das Innenministerium habe der Zeitung den Kauf einer zwölfmonatigen Nutzungslizenz für ein Programm namens FinSpy bestätigt.
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Der Computerspion FinSpy diene der sogenannten "Quellen-Telekommunikationsüberwachung", müsse vor seiner Verwendung aber noch an die Rechtslage in Deutschland angepasst werden, meldete die Zeit . Dem widersprechen Angaben der kanadischen Bürgerrechtsorganisation Citizen Lab. Laut einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht ist der umstrittene Bundestrojaner alias FinSpy mindestens schon seit März 2013 im Einsatz.
147.000 Euro für zehn Computer-Lizenzen
Für die zwölfmonatige Nutzungs-Erlaubnis zahlte das Ministerium an den deutschen Vertreiber Elaman 147.000 Euro. Die Lizenz sei für zehn Computer gültig, schreibt die Zeit . Laut Citizen Lab-Bericht (PDF) waren Ende April in Deutschland drei Web-Server mit FinSpy in Betrieb. Ob für Testzwecke der Polizei oder schon für reale Überwachungsaufgaben, lassen die Bürgerrechtler allerdings unbeantwortet. Der Hersteller der Software, die britische Gamma Group, wurde in der Vergangenheit wiederholt von Bürgerrechtsorganisationen kritisiert, weil FinSpy in der unveränderten Version auch an autoritäre Regierungen verkauft wurde.
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FinSpy-Trojaner auf "Liste der Internetfeinde"
Die internationale Sektion von Reporter ohne Grenzen (RoG) führt Gamma deshalb auf ihrer "Liste der Internetfeinde". RoG verweist unter anderem auf einen Bericht der kanadischen Bürgerrechtsorganisation Citizen Lab, dem zufolge die Behörden von Bahrain heimlich FinSpy auf Computern von Oppositionellen installierten. Die infizierten Computer seien nahezu vollständig und in Echtzeit überwacht worden.
Berlin entwickelt eigenen Bundestrojaner
Dass FinSpy vom Bund zunächst nur für zwölf Monate erworben wurde, könnte den Plänen der Bundesregierung geschuldet sein, in Zukunft nicht mehr auf Programme privater Entwickler angewiesen zu sein . Das Kompetenzzentrum Informationstechnische Überwachung, das dem Bundeskriminalamt (BKA) angehört, entwickelt derzeit einen eigenen Trojaner – ein sich heimlich installierendes Überwachungsprogramm – dessen Fertigstellung aber laut Innenministerium nicht vor dem Jahr 2014 zu erwarten ist.
Schnüffelsoftware konnte mehr als erlaubt
Im Herbst 2011 sorgte schon einmal ein so genannter Bundestrojaner für Schlagzeilen. Damals meldete der Chaos Computer Club (CCC) den Fund einer Spionagesoftware zur Online-Durchsuchung. Obwohl dieses Programm nach Gesetzeslage nur zur Überwachung von Internettelefonaten hätte eingesetzt werden dürfen, ermöglichte es laut CCC auch den Zugriff auf "das Mikrofon, die Kamera und die Tastatur des Computers". Das BKA bestritt damals, der Urheber der Software zu sein. Online-Durchsuchungen stehen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Februar 2008 unter Richtervorbehalt. Zudem sind sie nur zugelassen, wenn "überragend wichtige Rechtsgüter" wie Menschenleben oder der Bestand des Staates konkret gefährdet sind.